Not so nice

Vanessa Spanbauer arbeitete einige Jahre als Musikjournalistin – u.a. fürs Fernsehen und für Musikmagazine. Dem Business hat sie (auch) wegen der sexistischen Erlebnisse den Rücken gekehrt.

Aufkleber mit dem Text "However I dress, whereever I go. Yes means yes and no means no"
Foto: Markus Spiske / Unsplash

Mit 18 begann ich im Musikjournalismus zu arbeiten – einzelne Erlebnisse lassen mich bis heute sprachlos zurück. Dass Grenzüberschreitungen und eine sexistische Kultur im Musikbusiness System haben, wurde mir schnell klar. „Unabsichtliche“ Berührungen am Hintern, während man sich für ein Interview im Tourbus befindet, gehören zum Job – genauso wie die mitgehörten Anmerkungen „She is so hot“, wenn Musiker den Raum betreten. Und dann sind da Bands, die mit ihrem sexistischen Image spielen, bei denen sich musikalisch alles um Sex dreht. Nimmt man es dann locker, wenn man ungefragt auf den Mund geküsst wird, weil es Teil der Künstlerpersönlichkeit ist? Auch kam es schon mal vor, dass ein ausgemachtes Interview wieder abgesagt wurde – außer man wäre „nice“ zum Manager, der Sex gegen einen Interviewtermin anbot.

Oft sind es nicht die Musiker alleine, die all das unterstützen. Da wären etwa Presseteams auf Festivals, die sich einzelne Journalistinnen aussuchen und sie anweisen, möglichst wenig Kleidung zu tragen. Die Musiker wollen schließlich gut unterhalten und motiviert dazu werden, Interviews zu geben. Als eine ehemalige Angestellte eines US-amerikanischen Hip-Hop-Labels erzählte, dass es schon mal vorkommt, dass Acts auch Sex mit Mitarbeiter*innen fordern, ist die Verwunderung groß. Sex und Job behalten oder kein Sex und von Künstlern rausgemobbt werden? Die bittere Realität: Für Plattenfirmen sind die Künstler oft finanziell so lukrativ, dass es ihnen völlig egal ist, wie mit den Mitarbeiter*innen umgegangen wird – Hauptsache, der Artist ist happy.

Dieser Text erschien zuerst in an.schläge V/2021.

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